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/ 20. November 2024

Problementscheidungsplan – so erstellen Sie ihn richtig

Wahrscheinlich kennen auch Sie dieses Szenario: In den Prozessen Ihres Unternehmens kommt es immer wieder zu ärgerlichen Störungen, oftmals mit schwerwiegenden Folgen, wie Verzögerungen bei der Auslieferung Ihrer Produkte, verlorene Auftragsformulare, Vertragsstrafen und frustrierte Mitarbeiter. Dann ist es für Sie als Qualitätsexperte Zeit zu handeln. Mit dem Problementscheidungsplan haben Sie ein wirksames Werkzeug an der Hand, um Probleme in Ihren Prozessen frühzeitig zu prognostizieren und diesen erfolgreich entgegenzuwirken.

Worum geht es?

Der Problementscheidungsplan gehört neben dem Portfoliodiagramm, dem Netzplan sowie dem Affinitäts-, Relationen-, Baum- und Matrixdiagramm zu den sieben Managementwerkzeugen, die leicht erlernbar sind und in allen Branchen angewendet werden können. Er ermöglicht es Ihnen, potenziell auftretende Probleme beizeiten zu erkennen und wirksame Vorbeugungsmaßnahmen zu erarbeiten.

Einen Problementscheidungsplan können Sie sowohl bei der Einführung neuer Prozesse als auch zur Optimierung bestehender Prozesse anwenden. Sogar in QM-Projekten leistet er gute Dienste. Einen Problementscheidungsplan erstellen Sie in acht Schritten, auf die im Folgenden näher eingegangen wird.

Schritt 1: Template erstellen

Beginnen Sie damit, ein Template für Ihren Pro­blementscheidungsplan zu erstellen. Dabei handelt es sich im Prinzip um eine dreispaltige Tabelle, in die Sie die Prozessschritte, die möglichen Probleme und die Gegenmaßnahmen eintragen. Das Template, mit dessen Hilfe Sie Ihren Problementscheidungsplan entwickeln, dient der Visualisierung und ermöglicht Ihnen einen guten Überblick.

Abbildung 1 zeigt ein derartiges Template.

Abb. 1: Template für Problementscheidungsplan

Template für Problementscheidungsplan.

Schritt 2: Prozess bestimmen und Team bilden

Im nächsten Schritt bestimmen Sie den Prozess, der einer eingehenden Analyse im Hinblick auf mögliche Probleme unterzogen werden soll. Stellen Sie ein Team aus Prozessbeteiligten zusammen und benennen Sie einen Moderator, z.B. den Prozessverantwortlichen. Alternativ können auch Sie als Qualitätsverantwortlicher die Moderatorenrolle übernehmen.

Wichtig ist, dass sich das Team zunächst ein tiefes Verständnis des Prozesses erarbeitet. Ziehen Sie dabei alle vorliegenden Dokumente heran, z.B. Prozessbeschreibungen und Flussdiagramme, die Ihr Team dabei unterstützen, sich in den Prozess zu vertiefen. Tragen Sie die Prozessschritte in der ersten Spalte des Templates ein.

Praxistipp

Ihr Template können Sie z. B. auf einer Tafel oder alternativ auf einer Pinwand erstellen, die dann mit entsprechenden Kärtchen bestückt wird.

Schritt 3: mögliche Probleme identifizieren

Im Anschluss daran führen Sie ein Brainstorming zu jedem Prozessschritt durch, um potenzielle Probleme zu identifizieren. Hierbei gilt der Grundsatz „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“. Auch Checklisten, mit deren Hilfe Sie systematisch den Prozess hinterfragen, und Prozessaudits können Sie hier unterstützen.

Probleme können z. B. fehlende Informationen, unzureichend qualifizierte Mitarbeiter, Anwendungsfehler, die Verwendung fehlerhaften Mate­rials, technische Störungen oder Anlagenausfälle sein. Tragen Sie die potenziellen Probleme in die zweite Spalte des Templates ein.

Schritt 4: Vorbeugungsmaßnahmen erarbeiten

Im nächsten Schritt macht sich das Team Gedanken über mögliche Vorbeugungsmaßnahmen, mit denen die potenziellen Probleme beseitigt oder abgemildert werden können. Sie zielen darauf ab, die Entstehung von unerwünschten Situationen zu verhindern. Zur Erarbeitung von Vorbeugungsmaßnahmen bietet sich ebenfalls eine Brainstorming-Runde an.

Grundlage dafür ist eine systematische Ursachenanalyse, die Sie z.B. mithilfe des Ursache-Wirkungs-Diagramms oder der Fünfmal-Warum-Methode durchführen.

Schritt 5: Vorbeugungsmaßnahmen bewerten

Finden sich zu einem Problem mehrere Vorbeugungsmaßnahmen, so bewerten Sie diese nun, z. B. mithilfe einer Nutzwertanalyse. Mögliche Bewertungskriterien sind neben der Wirksamkeit insbesondere die Umsetzbarkeit und die Effizienz, also das Verhältnis von Nutzen und Aufwand für eine Maßnahme.

Priorisieren Sie die Maßnahmen, indem Sie sie in eine absteigende Rangfolge bringen. Verwerfen Sie Maßnahmen, die Ihnen nicht geeignet erscheinen. Notieren Sie die Vorbeugungsmaßnahmen in der dritten Spalte des Templates.

Abbildung 2 zeigt beispielhaft einen Problementscheidungsplan zu einem Beschwerdebearbeitungsprozess.

Schritt 6: Auswirkungen beachten

Ihnen ist kaum damit geholfen, wenn durch die Umsetzung Ihrer Vorbeugungsmaßnahmen Probleme oder Risiken an anderer Stelle entstehen. So könnte es sein, dass Sie Mitarbeiterkapazitäten für diese Maßnahmen einplanen, die dann zur Umsetzung anderer Maßnahmen oder Projekte fehlen. Oder aber es erhöht sich durch die Maßnahmen, z.B. die Einführung von zusätzlichen Kontrollen, die Prozesszeit.

Analysieren Sie daher diese Risiken und stimmen Sie Ihre Vorbeugungsmaßnahmen mit anderen in Ihrem Unternehmen geplanten Maßnahmen ab.

Schritt 7: Maßnahmenplan aufstellen

Tragen Sie nun die Vorbeugungsmaßnahmen in einen tabellarischen Maßnahmenplan ein. Beginnen Sie mit den am höchsten bewerteten, also den wichtigsten Maßnahmen. Ihr Maßnahmenplan sollte folgende Informationen enthalten, die jeweils in den Spalten aufgeführt werden:

  • Vorbeugungsmaßnahme: Zunächst beschreiben Sie die Maßnahme stichwortartig.
  • Erwartetes Ergebnis: In der zweiten Spalte notieren Sie das erwartete Ergebnis, welches Sie mit der Maßnahme erreichen wollen.
  • Verantwortlicher: In die nächste Spalte tragen Sie eine Person ein, die für die wirksame Umsetzung der Maßnahme verantwortlich ist.
  • Erledigt bis: Danach nennen Sie ein realistisches Datum, bis zu dem die Umsetzung der Maßnahme abgeschlossen sein soll.
  • Status: Schließlich halten Sie in der letzten Spalte den Status der Maßnahme fest, ob die Maßnahme z.B. zu 25 Prozent, zu 50 Prozent, zu 75 Prozent oder zu 100 Prozent erledigt ist.

Schritt 8: Maßnahmen umsetzen und Wirksamkeit prüfen

In einem letzten Schritt stellen Sie sicher, dass die Vorbeugungsmaßnahmen entsprechend Ihrem Maßnahmenplan umgesetzt werden. Nehmen Sie die Maßnahmen mit hoher Priorität zuerst in Angriff. Überwachen Sie den Fortschritt der Umsetzung.

Schließlich prüfen Sie, ob die Ursachen der potenziellen Probleme wirksam beseitigt wurden, sodass diese nicht auftreten können. Möglichkeiten dazu sind Daten- und Kennzahlenauswertungen, die Sie über einen längeren Zeitraum durchführen sollten sowie wiederum Prozessaudits. Treten dennoch Probleme in Ihrem Prozess auf, empfiehlt es sich, erneut einen Problementscheidungsplan zu erstellen.

Diese Fragen können Sie bei der Suche nach möglichen Problemen unterstützen:

  • Welche Ereignisse treten möglicherweise ein, die zu Problemen im Prozess führen könnten?
  • Aus welchen Situationen könnten Bedrohungen bzw. Schäden entstehen?
  • Wo bestehen Schwachstellen im Prozess?
  • Welche Prozessschritte waren in der Vergangenheit problembelastet?
  • Welche menschlichen Fehler könnten auftreten und wo könnten sie auftreten?
  • Welche Trends könnten zu Risiken im Prozess führen?

Abb. 2: Problementscheidungsplan Beschwerdeprozess (Beispiel)

Beispielhafter Problementscheidungsplan

Obwohl der Problementscheidungsplan ein wirksames Werkzeug zur Problemlösung ist, sei darauf hingewiesen, dass er einen relativ hohen Aufwand erfordert. Allerdings ist es dafür in der Regel möglich, sämtliche potenziellen Schwierigkeiten und Fehler zu identifizieren.

Jens Harmeier